Mit Hund ohne Leine Gassi gehen – so funktioniert der Freilauf richtig

Sabine König Hundetrainer mit deutschem Pinscher im Park

Echter Freilauf ist viel mehr als nur die Leine abzumachen. 

Es ist das Ergebnis von konsequentem Training, tiefem Vertrauen und einer klaren Verständigung. Einfach die Leine zu lösen und zu hoffen, dass alles gut geht, ist nicht nur verantwortungslos, sondern kann eurer Bindung sogar schaden. 

Dein Hund lernt dabei nur eines: Die wirklich aufregenden Dinge im Leben finden ohne dich statt. Echter, wertvoller Freilauf bedeutet, dass ihr als Team die Welt erkundet – frei, aber immer miteinander verbunden.

Diese Anleitung hilft dir dabei, Schritt für Schritt diese unsichtbare Leine aus Vertrauen zu knüpfen, damit der Spaziergang ohne Leine für euch beide zum sicheren und entspannten Höhepunkt des Tages wird.

Bereit?

Die 3 wichtigsten Infos zum Freilauf deines Hundes zusammengefasst:

1. Freilauf ist ein Privileg, kein Zufall.

Echtes Freilaufen erfordert konsequentes Training, tiefes Vertrauen und eine klare Kommunikation zwischen dir und deinem Hund. Einfach die Leine abzunehmen, ist unverantwortlich und kann die Bindung schädigen.

2. Mehr als nur Bewegung.

Freilauf erfüllt grundlegende Bedürfnisse deines Hundes. Er fördert nicht nur seine körperliche Auslastung durch natürliche Bewegungsmuster, sondern auch seine geistige Stimulation durch das Erkunden und Analysieren von Gerüchen.

3. Voraussetzungen sind entscheidend.

Bevor dein Hund ohne Leine läuft, muss er einen gefestigten Charakter und absoluten Grundgehorsam – insbesondere einen zuverlässigen Rückruf – besitzen. Als Halter musst du die Körpersprache deines Hundes lesen können und vorausschauend handeln.

Warum echter Freilauf das Leben deines Hundes bereichert

Freilauf ist für deinen Hund ein Grundbedürfnis und geht weit über reines Austoben hinaus. 

Er ist unglaublich wichtig für seinen Körper und seine Seele. 

Er endlich seine natürlichen Bewegungsmuster voll ausleben: rennen, sprinten, Haken schlagen und nach Herzenslust seine Umgebung erkunden. 

Mindestens genauso wichtig ist die Anregung für den Kopf. 

Hunde erleben die Welt durch ihre Nase. 

Im Freilauf kann dein Hund unzählige Gerüche aufnehmen, Spuren verfolgen und seine Umwelt aktiv analysieren. 

Diese Denkarbeit lastet ihn aus, beugt Langeweile vor und fördert seine geistigen Fähigkeiten. 

Er darf kleine, eigene Entscheidungen treffen – wohin er als Nächstes schnüffelt, welchen Weg er wählt.

Hinweis:

15 Minuten intensives Schnüffeln können für deinen Hund anstrengender sein als eine Stunde monotones Laufen.

Seid ihr bereit für den Freilauf? Die Voraussetzungen für euer Team

Bevor du die Leine abnimmst, ist ein ehrlicher Blick auf euch beide der wichtigste erste Schritt. 

Freilauf ist ein Vorrecht, das ihr euch als Team erarbeitet. Es basiert auf einem soliden Fundament aus Training, Vertrauen und Verantwortung.

Was dein Hund mitbringen sollte

Ein gefestigter Charakter ist die Basis. 

Idealerweise ist dein Hund selbstsicher, ausgeglichen und nicht übermäßig ängstlich oder schreckhaft. 

Ein Hund, der bei jedem lauten Geräusch in Panik verfällt oder unkontrolliert auf Reize reagiert, ist im Freilauf eine Gefahr für sich und andere. 

Die Kriterien der Begleithundeprüfung sind hier ein guter Kompass: 

Ein unbefangener, freundlicher und aufmerksamer Hund hat die besten Voraussetzungen.

Achtung:

Bei Hunden mit einer Vorgeschichte von Aggression, extremer Angst oder unkontrollierbarem Jagdtrieb ist Freilauf ohne professionelle Einschätzung und gezieltes Training undenkbar.

Was aber absolut sitzen muss und worüber es keine Diskussionen gibt, ist der Grundgehorsam. Dein Hund muss einen absolut zuverlässigen Rückruf haben. 

Das bedeutet: 

Er kommt auf dein Signal sofort, ohne Zögern und auf direktem Weg zu dir – auch bei Ablenkung. 

Genauso wichtig sind die Kommandos „Sitz“, „Platz“ und ein „Stopp“-Signal, um ihn in brenzligen Situationen aus der Ferne steuern zu können. 

Sei ehrlich zu dir, was rassetypische Eigenschaften angeht. 

Ein starker Jagdtrieb, wie bei vielen Terriern, Windhunden oder Jagdhunderassen, ist ein ernstzunehmender Faktor. 

Bei diesen Hunden ist der Weg zum sicheren Freilauf deutlich anspruchsvoller – und manchmal ist die Leine die sicherere und fairere Wahl für alle.

Was du als Halter noch wissen und können musst, um richtig ohne Leine Gassi zu gehen

Die größte Verantwortung liegt bei dir. 

Du bist nicht nur der passive Begleiter, sondern der aktive, vorausschauende Kopf eures Teams. 

Das bedeutet, du musst die Körpersprache deines Hundes lesen und verstehen können, um seine Absichten frühzeitig zu erkennen und souverän zu handeln.

Ohne Leine Gassi gehen - Der Weg zur Leinenfreiheit: Eine Schritt-für-Schritt-Anleitung

Der Weg zum sicheren Freilauf ist ein Marathon, kein Sprint. 

Geduld und Beständigkeit sind deine besten Freunde. 

Dein wichtigstes Hilfsmittel auf diesem Weg ist die Schleppleine – sie ist die Brücke zwischen der Sicherheit der kurzen Leine und der Freiheit des Freilaufs.

Schritt 1: Die Schleppleine – Deine Brücke zur Freiheit

Eine Schleppleine ist eine 5 bis 15 Meter lange Leine ohne Handschlaufe. Sie gibt deinem Hund einen größeren Bewegungsradius, während du die Kontrolle behältst.

Hinweis:

Benutze eine Schleppleine immer zusammen mit einem gut sitzenden Brustgeschirr, niemals mit einem Halsband! Ein plötzlicher Ruck am Halsband kann zu schweren Verletzungen an der Halswirbelsäule führen.

Tipp:

Wähle eine Schleppleine aus Biothane oder einem ähnlichen, glatten Material. Stoffleinen saugen sich bei Nässe voll, werden schwer und verheddern sich leichter im Gestrüpp. Eine Länge von 10 Metern ist für die meisten Teams ein guter Anfang.

Beginne das Training in einer reizarmen, übersichtlichen Umgebung, zum Beispiel auf einer großen Wiese. Dein Ziel ist es, deinem Hund beizubringen, auf seinen Bewegungsradius zu achten. 

Belohne ihn überschwänglich, wann immer er von sich aus auf dich achtet, Blickkontakt sucht oder in deiner Nähe bleibt.

Wenn dein Hund dazu neigt, in die Leine zu rennen, führe ein Leinenendsignal ein. 

Rufe ein klares Wort wie „Stopp“ oder „Langsam“, kurz bevor die Leine sich strafft. 

Bleibt er stehen, feiere ihn! 

Läuft er weiter, bleibst du einfach stehen oder wechselst die Richtung, ohne zu reißen. 

So lernt dein Hund, dass er den unangenehmen Ruck durch Aufmerksamkeit auf dich vermeiden kann. 

Sobald das sitzt, lässt du die Leine auf dem Boden schleifen. Sie wird zu deiner „Notbremse“, auf die du im Ernstfall treten kannst.

Schritt 2: Der Rückruf – Deine wichtigste Lebensversicherung

Ein bombenfester Rückruf ist essenziell. 

Wähle dafür ein einzigartiges und positiv aufgeladenes Signal, das du nur für den Rückruf verwendest – etwa einen speziellen Pfiff oder ein fröhliches „Hierher!“. 

Der Name deines Hundes ist ungeeignet, da du ihn im Alltag zu oft benutzt.

Tipp:

Beginne das Training schlau! Rufe deinen Hund genau dann, wenn er sowieso gerade auf dich zukommt. So verknüpfst du das Signal von Anfang an mit 100 % Erfolg. Belohne ihn mit einer Super-Belohnung – also besonders leckeren Leckerbissen oder seinem Lieblingsspielzeug.

Achtung:

Verbinde dein Rückrufsignal niemals mit etwas Unangenehmem! Rufe deinen Hund nicht zurück, nur um ihn anzuleinen und sofort nach Hause zu gehen. Baue stattdessen immer wieder belohnte Rückrufe in den Spaziergang ein: Rufen, belohnen, weiterspielen lassen.

Das Zurückkommen zu dir muss für deinen Hund das absolut Beste auf der Welt sein. Bestrafe ihn niemals, wenn er kommt, auch wenn es mal länger gedauert hat. Dein Hund würde die Strafe mit dem Ankommen bei dir verknüpfen und beim nächsten Mal erst recht zögern.

Schritt 3: Der große Moment – Das erste Mal ohne Leine

Wenn dein Hund an der schleifenden Schleppleine zuverlässig auf dich achtet und der Rückruf auch bei leichter Ablenkung sitzt, seid ihr bereit. 

Wähle für die Premiere einen sicheren, am besten eingezäunten Bereich oder eine sehr weitläufige, übersichtliche Wiese ohne viele Reize.

Halte die ersten Freilauf-Einheiten extrem kurz – fünf Minuten reichen völlig. Beende die Übung immer mit einem erfolgreichen Rückruf und einer riesigen Belohnungsparty, bevor dein Hund die Chance hat, einen Fehler zu machen. 

Erst wenn diese kurzen Einheiten perfekt sitzen, steigerst du langsam die Dauer und die Stärke der Ablenkungen.

Gemeinsam unterwegs: So meistert ihr den Alltag ohne Leine

Das Training legt die Basis, aber der sichere Freilauf im Alltag erfordert deine volle Aufmerksamkeit und dein aktives Mitdenken. 

Dein Job endet nicht mit dem Ableinen – er fängt dann erst richtig an.

Sei interessanter als der Rest der Welt! 

Wenn du nur gelangweilt nebenher trottest, sucht sich dein Hund schnell eine spannendere Beschäftigung. 

Sei unberechenbar! 

Wechsle plötzlich die Richtung, verstecke dich hinter einem Baum oder starte ein kurzes, wildes Rennspiel. 

So lernt dein Hund, dich immer im Auge zu behalten, weil bei dir immer etwas Spannendes passiert.

Tipp:

Nutze die Umgebung für kleine, gemeinsame Übungen. Lass deinen Hund auf einem Baumstamm balancieren, verstecke Leckerlis in der Rinde eines Baumes oder lass ihn auf dein Signal hin einen großen Stein umrunden.

Deine Körpersprache ist dabei ein mächtiges Werkzeug. 

Wenn du deinen Hund rufst, beuge dich nicht nach vorne und gehe nicht auf ihn zu – das wirkt bedrohlich. 

Drehe dich stattdessen leicht seitlich weg und gehe ein paar Schritte rückwärts. 

Diese einladende Haltung wirkt wie ein Magnet. 

Bleib dabei immer ruhig und souverän, denn deine Anspannung überträgt sich direkt auf deinen Hund.

Lerne im Gegenzug, die Körpersprache deines Hundes zu lesen. 

Achte auf feine Signale, die Anspannung oder Jagdtrieb beim Hund verraten: ein steifer Körper, ein fixierender Blick, nach vorne gerichtete Ohren oder eine hoch getragene, kaum wedelnde Rute. 

Wenn du diese Anzeichen früh erkennst, kannst du deinen Hund zurückrufen, bevor er in den „Tunnel“ gerät und nicht mehr ansprechbar ist.

Hinweis:

Führt ein Ritual für das An- und Ableinen ein. Lass deinen Hund vor dem Ableinen absitzen und zur Ruhe kommen. Erst dann löst du die Leine und gibst mit einem klaren Signal wie „Lauf“ oder „Frei“ die Erlaubnis zum Starten. Das verhindert, dass dein Hund aufgeregt losstürmt, sobald der Karabiner klickt.

Ablenkungen im Griff: So reagierst du souverän auf andere Hunde, Menschen & Co.

Der Alltag ist voller Überraschungen. Ein gut trainierter Hund ist die eine Hälfte der Miete, deine souveräne Reaktion in kritischen Momenten die andere.

Begegnungen mit anderen Hunden

Hier gilt eine goldene Regel: Trifft dein freilaufender Hund auf einen angeleinten Hund, rufst du ihn sofort und ausnahmslos zu dir. 

Treffen zwei freilaufende Hunde aufeinander, suche kurz Blickkontakt zum anderen Halter. Beobachtet die Körpersprache beider Hunde genau. 

Faires Spiel erkennt ihr an wechselnden Rollen, Spielpausen und einer entspannten Haltung. 

Greif ein, sobald ein Hund gemobbt wird, die Interaktion einseitig wird oder ein Hund flüchten will. 

Du musst dann eingreifen und die Situation beenden. 

Der Spruch „Die regeln das schon unter sich“ ist im dicht besiedelten Raum unverantwortlich und gefährlich.

Hinweis:

Achte nicht nur auf die Hunde, sondern auch auf den anderen Halter. Wirkt er nervös? Ruft er seinen Hund oder nimmt er die Leine kurz? Das sind deutliche Signale, dass kein Kontakt erwünscht ist. Respektiere das und rufe deinen Hund ebenfalls zu dir.

Begegnungen mit Menschen, Joggern und Radfahrern

Aus reiner Höflichkeit und Rücksichtnahme solltest du deinen Hund grundsätzlich zu dir rufen, wenn sich andere Menschen nähern. 

Viele Menschen haben Angst vor Hunden, und selbst der freundlichste Vierbeiner kann bedrohlich wirken, wenn er auf sie zugerannt kommt.

Das Jagen von Joggern oder Radfahrern ist ein häufiges Problem, das oft aus Jagd- oder Hütetrieb entsteht.

Tipp:

Sollte dein Hund doch einmal einem Jogger nachjagen, bitte diesen, einfach kurz stehen zu bleiben. Die meisten Hunde verlieren sofort das Interesse, wenn sich die „Beute“ nicht mehr bewegt. Entschuldige dich und leine deinen Hund sofort an.

Begegnungen mit Wildtieren

Dies ist die heikelste Situation überhaupt. Hier sind ein perfekter Rückruf und ein Stopp-Signal überlebenswichtig – für das Wildtier und potenziell auch für deinen Hund. 

Du musst deine Umgebung permanent im Auge behalten, vorausschauend denken und deinen Hund beim allerersten Anzeichen von Wildwitterung zurückrufen.

Achtung:

In Deutschland dürfen Jagdschutzberechtigte unter bestimmten Umständen auf Hunde schießen, die erkennbar wildern. Dies ist die schlimmste und tragischste Folge eines misslungenen Rückrufs.

Hinweis:

Wildtiere sind besonders in der Dämmerung – also am frühen Morgen und am späten Abend – aktiv. Passe deine Spaziergänge an und sei in diesen Zeiten besonders aufmerksam oder wähle Strecken, die weniger wildreich sind.

Jeder Spaziergang im Freilauf ist auch Werbung in eigener Sache. 

Jede gut gemeisterte Begegnung ist ein positives Beispiel für verantwortungsvolle Hundehaltung. 

Jeder negative Vorfall schürt Vorurteile und führt zu strengeren Regeln für alle Hunde.

Fazit: Eure gemeinsame Freiheit ist die schönste Belohnung

Der Weg zum sicheren Freilauf ist eine Investition. 

Es geht nicht darum, ein Hilfsmittel loszuwerden, sondern darum, eine so starke und verlässliche Verbindung aufzubauen, dass die Leine überflüssig wird.

Ein Hund, der frei laufen darf, aber stets in Verbindung mit dir bleibt, ist ein glücklicher und ausgeglichener Hund. 

Er kann seine Bedürfnisse ausleben, seine Umwelt erkunden und gleichzeitig die Sicherheit und Führung genießen, die du ihm als verlässlicher Partner bietest.

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